Freiwillige Feuerwehr Dessau-Roßlau OT Waldersee > Geschichte

Dr. Frank Kreißler

100 Jahre Freiwillige Feuerwehr in Waldersee

„Jonitz, 17. April. Im Gasthof zum grünen Baum bildete sich am Hohen Geburtstage Ihrer Hoheit der Herzogin-Mutter, auf Anregung und unter Leitung des Herrn Fußjägers Marjanga, eine Freiwillige Feuerwehr. Herr Amtsvorsteher Schlobach und Herr Ortsschulze Koch, welche sich neben vielen anderen Herren eingefunden hatten, sprachen ihre Freude darüber aus, dass nun damit einem hier schon lange herrschenden Bedürfnis entsprochen werden soll. Als Hauptmann der Wehr, welche schon eine stattliche Anzahl Mitglieder zählt, wurde einstimmig Herr Lokomotivführer a. D. Joel gewählt.“


Freiwillige Feuerwehr Jonitz 1907

Mit dieser Meldung machte der Anhaltische Staats-Anzeiger vom 20. April 1907 die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Jonitz öffentlich bekannt. Die Freiwillige Feuerwehr im heutigen Waldersee kann somit jetzt, im Jahr 2007, auf 100 Jahre ereignisreiche Geschichte und Tätigkeit zum Wohl der Gemeinde Waldersee und darüber hinaus zurück blicken.
In Jonitz war wie überall das Feuerlösch- und Rettungswesen bis zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Angelegenheit der gesamten Gemeindemitglieder („Selbsthilfeprinzip“) und vom Gemeindevorstand zu organisieren. Der Gemeindevorstand hatte als Ortspolizeibehörde u. a. dafür zu sorgen, dass Feuerlöschgeräte vorhanden waren und sich stets in gutem Zustand befanden, durch Brunnen und andere Wasserschöpfstellen (zum Beispiel Löschteiche) bei ausbrechenden Bränden für Wasser gesorgt war, die oft vorhandenen Spritzen leicht und sicher zum Brandort kommen konnten und die Spritzenmeister und Mannschaften „tüchtig“ und vertraut im Umgang mit der Spritze waren. Als Wasserentnahmestellen nutzbare Teiche waren in Jonitz mit dem Kirchteich, dem Bauernteich parallel zur Landstraße, dem Lehmkietenteich an der heutigen Rehsumpfstraße und anderen reichlich vorhanden. Ein Feuerkommissar, zuständig für einen ganzen Verwaltungsbezirk, hatte die Einhaltung der Vorschriften für das Feuerlöschwesen und die Funktionstüchtigkeit der Feuerlöschgeräte zu überwachen. Feuerkommissar für Jonitz und Naundorf war 1893 zum Beispiel der Oberamtmann Brumme in Pötnitz. Er richtete am 2. Dezember 1893 ein Schreiben an den Gemeindevorstand Jonitz, in dem er den Zustand der dortigen Spritze bemängelte und forderte, die Spritze innerhalb einer Frist von 14 Tagen durch einen Sachverständigen reinigen und wieder voll funktionstüchtig machen zu lassen. Diese Feuerspritze war von der Gemeinde Jonitz schon kurz nach 1800 erworben worden.

Naundorf und insbesondere Jonitz erlebten ab den 1870er Jahren einen beträchtlichen Aufschwung. Beide Dörfer profitierten hierbei wie so viele andere Ortschaften rings um Dessau von der Industrialisierung und dem schnellen Wachstum der anhaltischen Hauptstadt.
Viele Menschen, die in Dessau einen Arbeitsplatz gefunden hatten, zogen zu. Im Jonitzer Einwohnerverzeichnis des Adressbuches für den Landkreis Dessau von 1912 erscheinen sie zum Beispiel als Arbeiter, Tapetendrucker, Maschinenmeister, Schlosser, Bahnarbeiter oder Former.
In Jonitz entstanden, abgesehen von den Möglichkeiten, die die 1729 gegründete Jonitzer Mühle bot, nach und nach ebenfalls Industriearbeitsplätze. Diese Entwicklung begann 1872 mit der Gründung der Ziegelei Röpert (später Gottschalk) in der Ziegeleistraße. 1874 folgte die Ziegelei Meißner in der Ziegeleistraße, später die Ziegelei Rathmann östlich des Luisiums. Auf dem Gelände des ehemals so großen Lehmkietenteichs an der Bahnhofstraße (heutige Rehsumpfstraße) wurde 1901 nach Zuschüttung der südlichen Hälfte die Gasapparatefabrik „Jonitza“ gegründet, die weithin bekannt war. Einen Bahnanschluss und einen Bahnhof (Dessau-Wörlitzer Eisenbahn) hatte Jonitz schon 1893 erhalten. Seit 1899 war Jonitz an das Gasversorgungsnetz der Deutschen Continental-Gas-Gesellschaft angeschlossen. Als weiterer positiver Faktor für die Entwicklung und Ausstrahlung des Ortes erwiesen sich die vielen großen Ausflugsgaststätten, zum Beispiel „Bellevue“ und „Sanssouci“ am Rehsumpf oder „Charlottenhof“ in der Bahnhofstraße, die vor allem an Wochenenden zahlreiche Ausflügler anzogen.

Dies alles trug dazu bei, dass sich Jonitz in Einwohnerzahl und Ausdehnung der bebauten Fläche stark vergrößerte. Wohnten hier 1871 noch 797 Einwohner in 94 Häusern, so waren es am 1. Dezember 1900 bereits 1.325 Einwohner in 165 Häusern (Naundorf: 1871 = 374, 1900 = 412 Einwohner). Bevölkerungswachstum, Bautätigkeit, Ansiedlung von Industrie, Handwerk und Gewerbe ließen auf der anderen Seite die Möglichkeiten für das Auftreten solcher negativen Erscheinungen wie Brände und andere Gemeingefahren nicht geringer werden.
Größere Brände gab es in Jonitz wie anderswo immer wieder.

Zu nennen sind zum Beispiel:

1893 Brand der Scheune bei Bauer Mohs, Dessauer Straße 57
1895 Großfeuer, Brand in den drei Gehöften Coswiger Straße 63, 65, 67
1896 Brand im Gehöft des Bauern Schulze, Wallstraße

(heute Vockeroder Straße)
1901 Brand mit erheblichem Schaden im „Café Dessau“ (später „Schweizergarten“)
1904 Brand im Gehöft des Bauern Hesse, Bahnhofstraße 6

1906 Großfeuer in der Jonitzer Mühle

Der beschriebene allgemeine Aufschwung mit allen seinen Begleiterscheinungen und die genannten Brandereignisse ließen den Wunsch bei Bewohnern und Gemeindevorstand entstehen, dem Brandschutz und der Brandbekämpfung eine besser organisierte Basis zu geben und eine Freiwillige Feuerwehr im Ort zu gründen. Grundlage hierfür bot immer noch die am 7. März 1855 erlassene allgemeine Feuerlöschordnung für das Herzogtum Anhalt, wo im § 3 unter anderem gefordert wurde, dass „jede Gemeinde und jeder selbständige Gutsbesitzer verpflichtet ist, nach Größe und örtlichen Verhältnissen von der Aufsichtsbehörde festgelegte Feuerlösch- und Rettungsgeräte anzuschaffen und in brauchbarem Zustand zu halten. Des Weiteren eine zweckentsprechende, ausgerüstete und sachgemäß ausgebildete Lösch- und Rettungsmannschaft – Feuerwehr – zu schaffen.“ Im Januar 1907 waren von der Herzoglichen Regierung, Abteilung des Inneren, neue Ausführungsbestimmungen zur Feuerlöschordnung von 1855 erlassen worden.

Den letzten Ausschlag für die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr in Jonitz dürfte der Großbrand der Jonitzer Mühle am Abend des 22. Dezember 1906 gegeben haben. Dabei brannte das nördlichste Gebäude des Mühlenkomplexes, ein vierstöckiges Silogebäude (die sogenannte „Graupenmühle“) mitsamt den darin gelagerten ca. 12.000 Zentnern Weizen bis auf die Umfassungsmauern vollständig aus. Die zu Hilfe gerufene Freiwillige Feuerwehr Dessau konnte mit ihrer Dampfspritze lediglich dafür sorgen, dass der Brand auf dieses Gebäude begrenzt blieb. Der sechsstündige Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Dessau bei diesem Mühlenbrand kostete 284,20 Mark (Fahrt 44 Mark, Leiter 28 Mark, Maschinisten und Heizer 88,50 Mark, Reparatur und Reinigung 54,70 Mark, 1 Zugführer und 5 Mann 69 Mark).

Die Initiative zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Jonitz am 17. April 1907 ging vom Ortspolizisten, dem Fußjäger Marjanga aus. Auch die Gemeindevorsteher zeigten lebhaftes Interesse und waren bei der Gründungsversammlung anwesend. Aber lassen wir das Gründungsprotokoll sprechen:

„Schon seit längerer Zeit wurde der Wunsch gehegt in unserem Orte eine Feuerwehr zu gründen, die Größe des Ortes, sowie die in den letzten Jahren Zahlreich aufgetretene Brände lassen es so zusagen als Notwendig erscheinen.
Herr Fußjäger Marjanga, durch dessen rastloses Bemühen sich die Wehr am heutigen Tage konstituierte, wies dann auch mit kernigen Worten auf die Notwendigkeit einer Wehr in Jonitz hin, zumal solche in kleineren Orten Anhalts schon längere Jahre bestünden und die Gemeinden mit der Wehr gute Erfolge erzielten.

Das das eifrige Bemühen des Herrn Marjanga von Erfolg gekrönt würde, sah man an den 33 sich zur Wehr gemeldeten Erschienenen und zwar folgende:
Otto Alsleben, Carl Block, Wilh. Bieler, Erich Belger, Gustav Bösener, Herm. Bodenburg, Franz Boas, Franz Deute, Frdr. Graßmann, Ed. Gallert, Frdr. Helbig, Reinhold Joel, Frdr. Kersten, Frdr. Lindemann, Karl Ludwig, Franz Lieder II, Franz Lippert, Paul Lippert, Leopold Lippert, Gustav Matthey, Frdr. Meißner I, Frdr. Meißner II, Paul Meißner, Wilh. Meißner, Franz Mohs, Walter Richter, Franz Schäfer, August Schulze, Wilh. Schneider, Franz Schmidt, Franz Triebel, Albert Witter, Franz Zander, gewiss ein schöner Erfolg, auf den Herr Marjanga und die Gemeinde stolz sein kann.

Das die Ortsbehörde an das Bestehen der Wehr großes Interesse zeigt, ersieht man an das Erscheinen des Herrn Amtsvorstehers Schlobach sowie des Herrn Ortsvorstehers Koch, die die Verhandlungen in liebeswürdigster Weise von Anfang bis Ende beiwohnten.
Nach Verlesen der Statuten resp. Satzungen durch Herrn Marjanga beantragte derselbe die Wahl des Vorstandes, und zwar wurden einstimmig gewählt


Das Gründungslokal (Gasthof zum grünen Baum 1900)

zum Hauptmann Herr Reinhold Joel
“ Stellvertreter “ Friedrich Meißner

“ Schriftführer “ Gustav Bösener

“ Kassierer “ August Schulze
“ Zugführer “ Gustav Matthey

“ Zugführer “ Karl Ludwig.

Herr Marjanga betonte, daß die nun konstituierte Feuerwehr zu Jonitz mit der Wahl des Leiters der Wehr des Hauptmanns Joel zufrieden sein könnte, da er über die Tüchtigkeit desselben trotzt des hohen Alters vollständig unterrichtet ist, alles Sträuben des Herrn Joel doch mit der Wahl zum Hauptmann von ihm wegen seines Alters abzusehen, half ihm nichts.

Nunmehr wurde unter anderem auch die Übungs-Platzfrage angeschnitten. Herr Amtsvorsteher Schlobach erklärte sich in zuvorkommender Weise bereit, als vorläufigen Übungsplatz den geräumten Hof seines Grundstückes zur Verfügung zu stellen. Diese Erklärung wurde allseitig mit Freuden begrüßt und beigestimmt. Hiermit schloß der Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr zu Jonitz unter mehrmaliger Ermahnung des Herrn Marjanga, die nunmehrigen Kameraden möchten das soeben begonnene Werk kräftig fördern und sich stets als brave Feuerwehrmänner zeigen, zumal der heutige Gründungstag der Geburtstag Ihrer Hoheit der Herzogin Mutter von Anhalt sei und daher ein wichtiger wäre.

Nach Absenden einer Depesche an Ihrer Hoheit folgenden Inhalts.
Die heute in Jonitz gegründete Feuerwehr sendet Ihre Hoheit zum heutigen Geburtstage die herzlichsten Glückwünsche und einem Hoch auf dieselbe schloß der Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr zu Jonitz.

Anfang 8.40 Minuten
Ende 11.15 Minuten

Geschrieben Vorgelesen und genehmigt
Gustav Bösener Reinhold Joel
Schriftführer Hauptmann“

Die Statuten der Freiwilligen Feuerwehr Jonitz bestanden aus 31 Paragrafen und waren noch auf der Gründungsversammlung am 17. April 1907 durch den Hauptmann Reinhold Joel, seinen Stellvertreter Friedrich Meißner, den Schriftführer Gustav Bösener, den Kassierer August Schulze, den I. Zugführer Gustav Matthey und den stellvertretenden Zugführer Karl Ludwig unterschieben worden. Die Satzungen der Wehr (mit ihrem vom Ministerium des Innern vorgegebenen Wortlaut mit 13 Paragrafen) wurden auf der Versammlung der Jonitzer Feuerwehrleute am 15. Mai 1907 angenommen und von der Herzoglichen Kreisdirektion Dessau am 18. Mai 1907 bestätigt und in Kraft gesetzt. Die mit der Gründung der Jonitzer Wehr geschaffenen neuen Bedingungen fanden schließlich noch ihren Niederschlag im „Ortsstatut betreffend Handhabung des Feuerlöschwesens in der Gemeinde Jonitz“, das am 7. Juni 1907 vom Gemeinderat beschlossen und am 18. September 1907 im Anhaltischen Staats-Anzeiger veröffentlicht wurde.

In der neuen Feuerwehr übernahmen nun Jonitzer Einwohner freiwillig die Aufgabe, Brände zu verhüten und zu bekämpfen, sowie bei Unglücksfällen, allgemeiner Not- und Gefahrenlage Hilfe zu leisten. Damit reihte sich die Freiwillige Feuerwehr Jonitz in die große Zahl der bereits bestehenden Freiwilligen Feuerwehren Anhalts ein. Die erste Feuerwehr im Herzogtum Anhalt war 1863 als Zusammenschluss von Mitgliedern des Turnvereins von 1861 in Dessau entstanden. Die Dessauer Freiwillige Feuerwehr war damit Teil einer Gründungswelle von Turnerfeuerwehren in Deutschland in dieser Zeit. Die Uniform der Freiwilligen Feuerwehr Dessau bestand aus grauem, rot abgesetztem Tuch, Lederriemen und Lederhelm. Auf dem Territorium der heutigen Stadt Dessau folgte die am 11. April 1882 gegründete Freiwillige Feuerwehr Mosigkau (Uniform: blaue, weiß gestreifte Drellbluse, Lederhelm und Gurt) nach. Weitere entstanden zum Beispiel 1894 in Alten und 1899 mit der Freiwilligen Feuerwehr Pötnitz-Scholitz-Dellnau. Am 1. Juli 1891 bestanden in Anhalt 35 Freiwillige und Werksfeuerwehren, die im Anhaltischen Feuerwehr-Verband organisiert waren.
Die Anfangszeit der neuen Jonitzer Wehr ist, insbesondere durch das erhalten gebliebene erste Protokollbuch, gut dokumentiert. So wurde am 8. Mai 1907 beschlossen, dass der Monatsbeitrag für Aktive 0,20 Mark betragen solle, Passive aber 6 Mark Jahresbeitrag zahlen sollten.

Am 19. Juni 1907 wählten die Kameraden Wilhelm Bieler zu ihrem Spritzen- und Zeugmeister. Eine erste größere Spritzenübung von 30 Kameraden fand am 17. Juli 1907 in Anwesenheit des Branddirektors Hennig aus Dessau statt.
Am 21. August 1907 fand ein großes Maßnehmen für die Feuerwehr-uniformen statt.
Dann traten die ersten Ernstfälle ein, die den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Jonitz bei der Brandbekämpfung erforderlich machten:

Am 25. August 1907 brannte es in Naundorf , am 6. September 1907 brannte das Jonitzer Gemeindehaus ab, in dem der Ortsarme gelebt hatte, und am 3. Oktober 1907 vernichtete ein Schadenfeuer ein Stallgebäude des Landwirts Friedrich Lieder in Naundorf.
Am 12. Oktober 1907 erfolgte beim Amtsvorsteher Schlobach die Verteilung der Uniformen an 43 Kameraden der Jonitzer Feuerwehr. Diesem Ereignis wohnten einige Züge der Dessauer Feuerwehr bei. Sie marschierten gemeinsam mit den Jonitzer Feuerwehrleuten durch den Ort, und der Tag klang mit einem „gemütlichen Abend“ im Restaurant „Charlottenhof“ aus, bei dem das Musikkorps der Dessauer Feuerwehr für Musik sorgte. Solche „gemütlichen Abende“, aber auch Feuerwehrbälle (wie das 1. Stiftungsfest mit Konzert, Ansprachen, humoristischen Vorträgen, „lebenden Bildern“ aus dem Feuerwehrleben und Ball, das am 9. Mai 1908 im Saal des „Sanssouci“ stattfand und bei dem Feuerwehrleute aus den Wehren in Dessau, Raguhn, Jeßnitz, Roßlau, Mosigkau, Dellnau und Ziebigk zu Gast waren) wurden nun regelmäßig veranstaltet und gehörten zu den festen Bestandteilen in den Aktivitäten der Jonitzer Feuerwehr.

Die Uniformen bestanden aus Joppen, Arbeitsblusen, Helm und Gürtel. Im Januar 1908 wurden die Helme mit dem Namen des jeweiligen Trägers versehen, um Verwechslungen vorzubeugen.
Ab Februar 1908 konnte die „Fohlenwiese“ im Luisium für die Übungen bzw. Spritzen-Übungen der Freiwilligen Feuerwehr Jonitz genutzt werden. Diese Übungen fanden zumeist an Sonntagen statt. Im Oktober 1908 wechselte die Freiwillige Feuerwehr Jonitz ihr Versammlungslokal und ging vom „Grünen Baum“ in den „Schweizergarten“, den damals der Gastwirt Friedrich Witte (gest. 1909) führte.

In der Jahreshauptversammlung am 21. Juli 1909 erklärte Hauptmann Reinhold Joel seinen Rücktritt. Reinhold Joel wurde zum Ehrenmitglied der Wehr ernannt (er starb am 11. Februar 1917). Er begründete diesen Schritt mit seinem hohen Alter und den „dadurch entstehenden Differenzen in der Abgabe der Kommandos“. Ihm folgte sein bisheriger Stellvertreter Friedrich Meißner als Hauptmann nach (bis 1911; danach Gustav Pannicke). Im Jahr 1909 führte die Wehr vier Übungen mit insgesamt 71 Teilnehmern durch (1907 keine Übung, 1908 fünf Übungen mit 94 Teilnehmern) und rückte zu einem Brand aus (1907 drei Brände, 1908 auch drei Brände).
Am 6. August 1910 wandte sich die Freiwillige Feuerwehr Jonitz mit einem Schreiben an den Gemeinderat und bat um Unterstützung bei der Beschaffung einer neuen Spritze, da „mit der alten, fast 100jährigen Spritze an ein wirksames Bekämpfen eines Brandes nicht zu denken“ und eine Reparatur der alten Spritze ein nicht lohnens-werter Aufwand sei. Für die Lieferung einer neuen Spritze lag ein Kosten-angebot der Spritzen-Fabrik Emil Kroll Dessau vor.


Handdruckspritze Ende des 19ten Jahrhunderts

Die „vierrädrige Fahrspritze auf Federn mit Abstellvorrichtung, gebogenem Rahmen, 2 schrägstehenden Zylindern, Saugwerk mit Umstellhahn“ usw. sowie Zubehör sollte 1.570 Mark kosten. Auf seiner Sitzung am 10. August 1910 bewilligte der Gemeinderat die Anschaffung einer neuen Spritze. Im Oktober 1910 erhielt Emil Kroll den Auftrag zur Lieferung der Fahrspritze. Die Abteilung des Innern der Herzoglich-Anhaltischen Regierung bewilligte einen Zuschuss von 735 Mark. Zuvor hatte der Gemeinderat die Freiwillige Feuerwehr bereits bei der Beschaffung einer Steigerleiter nebst Karren sowie von zwei Steigerausrüstungen unterstützt, und die Gemeindekasse übernahm auch zukünftig einen Großteil der Feuerwehrausgaben, u.a. für: Spritzenreinigung, Diäten der Abgeordneten zu den Bezirks- und Landesverbandstagungen, Diäten bei Feuerwehr-Hauptleute-Versammlungen, Anbringen von Litzen an den Uniformröcken, Beiträge für das Archiv für Feuerschutz.

Für die Wasserzufuhr zur Brandstätte waren in Jonitz alle Gespannhalter verantwortlich. Im Jahr 1913 gab es neun Gespannhalter in Jonitz, die Wasser fahren konnten. Das Löschwasser wurde im Bedarfsfall den drei o. g. Dorfteichen entnommen und in Fässern von den Gespannen zur Brandstätte gefahren. Im Brandfall führte diese Praxis mitunter zu großen Schwierigkeiten. So war die Freiwillige Feuerwehr Jonitz in der Nacht zum 23. Juli 1911 bei einem Brand im Gehöft des Landwirts Gustav Graßmann in der Wallstraße zwar sehr schnell zur Stelle, jedoch konnte sie anfangs wegen Wassermangels nur eingeschränkt helfen. Erst nach einiger Zeit funktionierte die Zufuhr von Wasserfässern, und der Brand konnte gelöscht werden.

Nachdem am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns der Erste Weltkrieg begonnen hatte und Deutschland am 1. August 1914 in den Krieg eingetreten war, wurden im Zug der allgemeinen Mobilmachung innerhalb kürzester Zeit zahlreiche aktive Mitglieder der Jonitzer Wehr eingezogen.
Am 19. August 1914 waren bereits 20 Kameraden (fast die Hälfte der aktiven Mitglieder) zum Heer einberufen. Erst für den 17.Mai 1916 ist wieder eine Versammlung der Wehr protokolliert, auf der der bisherige Schriftführer Paul Liebezeit (Gustav Pannicke war 1915 gestorben) zum Hauptmann gewählt wurde. Zudem vermerkt das Protokoll, dass am 9. Mai 1916 mit Kamerad Albert Witter der erste Jonitzer Feuerwehrmann gefallen war. Bis zum Sommer 1917 fanden nun alle vier Wochen wieder Zusammenkünfte der noch zu Hause befindlichen Jonitzer Feuerwehrleute statt. Dann trat eine Pause ein, und erst am 19. Februar 1919 kamen 28 Kameraden beim Gastwirt Franz Putzing (Belgers Gaststätte; später Gaststätte Schurz) zur ersten Versammlung nach dem Krieg zusammen. Neben Albert Witter waren noch zwei weitere Kameraden (Gustav Meißner, Richard Beyer) aus dem Krieg nicht wieder zurück gekommen.

In den ersten Monaten nach Kriegsende ließ die Einsatzbereitschaft der Jonitzer Wehr noch sehr zu wünschen übrig. Feuerwehrübungen mussten teilweise wegen zu geringer Zahl erschienener Kameraden abgesagt werden.

Erst allmählich im Verlauf des Jahres 1919 besserte sich die Situation. Eine im Mai 1921 durchgeführte Inspektion der Feuerwehr durch den Feuerkommissar Hoffmann fiel gut aus. Schon bald ergab sich mit dem Brand in den Anhaltischen Fahrzeugwerken Robert Krause am 21. August 1922 eine große Bewährungsprobe für die Freiwillige Feuerwehr Jonitz. Die Wehr war mit 26 Mann bei der Brandbekämpfung aktiv. Zudem halfen die Dessauer Feuerwehr mit ihrer Autospritze und ihrer Dampfspritze sowie die Ziebigker Wehr. Das Löschwasser wurde dem benachbarten Rehsumpf entnommen.

Der Brand in den Anhaltischen Fahrzeugwerken war am späten Abend ausgebrochen. Die Löscharbeiten dauerten bis zum frühen Morgen des nächsten Tages. Der Brand vernichtete die große, etwa 50 Meter lange und 20 Meter breite Fabrikhalle der Metallbearbeitung und die dortigen Büroräume. Das Gebäude der Karosseriefabrik und Lagergebäude blieb unbeschädigt. Die Fabrikgebäude wurden wieder hergestellt.
Im September 1924 wurde in den Anhaltischen Fahrzeugwerken eine Sirene aufgestellt, die im Brandfall ein Alarmsignal ertönen lassen sollte (Probebetrieb am 16. September 1924).

Beim Dachstuhlbrand in der Mittelstraße 21 und 22 am 27. Oktober 1924 waren zehn Jonitzer Feuerwehrleute im Einsatz, die später Unterstützung von der Dessauer Autospritze erhielten.


Freiwillige Feuerwehr Jonitz um 1928

Im Februar 1925 sah sich die Freiwillige Feuerwehr Jonitz mit Vorwürfen aus dem Gemeinderat konfrontiert, sie koste zu viel Geld. Mit einem Schreiben an den Gemeinderat vom 28. Februar 1925 trat der Hauptmann der Wehr Paul Liebezeit den Vorwürfen entgegen. Er führte zunächst die Ausgaben der Gemeinde für die Feuerwehr als solche im Jahr 1924 auf: die Auslagen für den Kreis- und den Landesverbandstag von ca. 7 Mark und die Auslagen für die Feuerwehrzeitung von 1,88 Mark. Alle anderen Ausgaben beträfen das Feuerlöschwesen, aber nicht die Wehr: 1924 für Ausbesserung von Joppen 11 Mark (die Joppen würden seit 18 Jahren getragen), 8,80 Mark für Versicherung der Ausrüstungsstücke für 1923 und 1924, Anschaffung von Fackeln und Lichten, Instandhaltung der Feuerlöschgeräte, Ausgaben für Brandwachdienste nur in Brandfällen, Ausbesserung des Schlauchmaterials (das Material ist verbraucht und muss dringend erneuert werden). Liebezeit beklagte, dass besonders für den Bereich Wall-, Land- und Dessauer Straße keine geeignete Wasserschöpfstelle mehr vorhanden sei. Schließlich führte Liebezeit aus, was die Freiwillige Feuerwehr für das Feuerlöschwesen der Gemeinde kostenlos geleistet habe (u.a. Beschaffung einer kleinen Spritze, Einbau einer elektrischen Lichtanlage im Spritzenhaus).

1933/34 ließ die Gemeinde Jonitz auf dem Anger am Wall das heute noch existierende Feuerwehrgerätehaus (Spritzenhaus) errichten, da das alte Spritzenhaus, das sich in der Dessauer Straße auf dem Platz gegenüber dem Gehöft Matthey befand, längst baufällig geworden war. Architekt des Gebäudes war Dipl.-Ing. F. Steinbiß. Das Gerätehaus wurde Ende Januar 1934 fertig gestellt. Es beherbergte die Jonitzer Spritze, die mechanische und die übrigen Leitern und einen Werkzeugschrank.

Am 1. April 1935 wurden Jonitz und Naundorf zu einer Großgemeinde vereinigt, die am 31. Juli 1935 offiziell den Namen Waldersee erhielt. In Naundorf gab es bis dahin keine Freiwillige Feuerwehr.




Übungen und Vorführungen
zur Bezirksverbandstagung 1936

In Brandfällen hatte die Jonitzer Wehr geholfen.
Nach der Vereinigung beider Ortschaften bemühte sich die Freiwillige Feuerwehr mit einigem Erfolg, neue Mitglieder auch in Naundorf und in der 1935 bis 1938 errichteten Junkerssiedlung zu gewinnen. Dies führte 1937 zur Aufstellung von zwei regulären Feuerwehrabteilungen bzw. Löschzügen und einer Altersabteilung:

Abteilung Waldersee-West am 25. Mai 1937 (39 Kameraden),
Abteilung Waldersee-Ost am 28. Juni 1937 (15 Kameraden) und
Alters-Abteilung Waldersee-West am 16. Juli 1937 (17 Mitglieder).

Im Jahr zuvor, am 24. Mai 1936, hatte die Bezirksverbandstagung der Freiwilligen Feuerwehren der Kreise Dessau und Zerbst in Waldersee stattgefunden – ein großes Ereignis für den Ort. Aus den 45 Wehren des Bezirks waren 75 Abgeordnete nach Waldersee gekommen.
Die Feuerwehrmänner legten bei Löschangriffen, Übungen am Steigerturm, einer Rettungsübung der Jonitzer Wehr am Schulhaus und Vorführungen neuer Feuerlöschgeräte Proben ihrer Einsatzfähigkeit ab. Natürlich fanden auch ein Festumzug durch die geschmückten Straßen Waldersees und ein Feuerwehrball (im „Schweizergarten“ und im „Charlottenhof“) statt.

Im Jahr 1938 erwarb die Gemeinde Waldersee ein motorisiertes Löschfahrzeug vom Typ Daimler Benz.
Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Walderseer Löschfahrzeug konfisziert. Das Interesse für die Belange der Freiwilligen Feuerwehr war kurz nach dem Krieg nicht sehr groß und die Brandschutzeinrichtungen befanden sich in einem ziemlich desolaten Zustand.
Die Freiwillige Feuerwehr Waldersee musste wieder völlig neu aufgebaut werden. Viele Kameraden waren auf den Schlachtfeldern des Krieges gestorben. Mittel und Möglichkeiten zum Erwerb von moderner Löschtechnik waren nicht vorhanden. Deshalb musste mit den verbliebenen Mitteln der Schutz Waldersees übernommen werden.

Der erste Brandbericht des damaligen Wehrleiters Friedrich Schmidt stammt vom 28. August 1946. Ein Stubenbrand in der Landstraße musste gelöscht werden, der durch Rauchen im Bett ausgebrochen war. Die Freiwillige Feuerwehr Waldersee war mit 12 Kameraden im Einsatz. Weitere Einsätze erfolgten 1947 bis 1949 unter anderem bei einem Großfeuer in der Dessauer Waggonfabrik am 16. Januar 1947, bei Waldbränden in Möst, Sollnitz und Kapen, bei einem Brand auf der Wörlitzer Eisenbahnbrücke und bei kleineren Bränden in Waldersee.
In den 1950er Jahren konnte der damalige Wehrleiter Willy Schneider dann wieder viele junge Walderseer für ein Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr gewinnen und die Wehr trotz aller Schwierigkeiten zu einer stets einsatzbereiten, schlagkräftigen Gemeinschaft entwickeln, die sich insbesondere beim Hochwasser von 1954 sehr bewährte.

Auch im Feuerwehrkampfsport waren die Walderseer Kameraden sehr erfolgreich. 1954 hatte die Wehr 16 Mitglieder, 1960 bereits 30.
Am 18. Mai 1957 feierte die Freiwillige Feuerwehr Waldersee ihr 50-jähriges Bestehen. Den Auftakt zu den Feierlichkeiten bildete eine Übung mit einer Handpumpe aus der Entstehungszeit der Wehr.
Am folgenden Tag übten die Feuerwehrleute zunächst am Gerätehaus im Ortsteil Jonitz, später an einer Giebelwand in Naundorf.

Am Abend wurde von der Feuerwehr schließlich noch eine besondere Attraktion geboten: Am Teich im Luisium wurden zwei Motorspritzen und sechs Scheinwerfer aufgebaut. Auf ein Kommando spritzte das Wasser aus zwölf Strahlrohren in hohem Bogen heraus, von den Scheinwerfern in verschiedenen Farben angestrahlt.
Diese farbige Wasserfontäne wurde bei einem großen Sommernachtsball der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee am 6. Juli 1957 am Löbben wiederholt.

Tragisch endete ein Brand, der Pfingsten 1958 in einem Schuppen in der Feuerherdtstraße ausbrach. Die Feuerwehr konnte ein Kind nur noch tot aus dem Gebäude bergen.

LF8 auf Fahrgestell Robur LO 2000 (70 PS, Hubraum 3.345 ccm) 1983 - 2000
LF8 auf Fahrgestell Robur LO 2000
(70 PS, Hubraum 3.345 ccm) 1983 – 2000

Im Jahr 1959 erhielt die Freiwillige Feuerwehr Waldersee als erste Wehr im damaligen Stadtkreis Dessau ein Löschfahrzeug LF8 vom Typ Garant K30, dazu einen Schlauchanhänger. Im Rahmen der technischen Entwicklung wurde dieses Löschfahrzeug 1983 durch ein moderneres Fahrzeug vom Typ LO-2000-LF8 abgelöst.
Gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr führte die Freiwillige Feuerwehr Waldersee im Jahr 1960 einige „Aufklärungseinsätze“ zum vorbeugenden Brandschutz durch.

Zwischen dem 25. März und dem 22. April 1960 sorgte eine Brandserie hinter dem Luisium und der Hutung, die wertvollen Baumbestand vernichtete, für Aufregung in der Walderseer Bevölkerung. Es stellte sich heraus, dass ein Brandstifter am Werk gewesen war, bei dem es sich um denjenigen handelte, der die Brände zumeist als erster gemeldet hatte.
Wegen seines fortgeschrittenen Alters und sich verschlechternden Gesundheitszustandes übergab Oberbrandmeister Willy Schneider im Jahr 1962 die Funktion des Wehrleiters an den Kameraden Werner Grundey.
Waldersee war in dieser Zeit in sechs Sicherheitsbereiche eingeteilt. Sicherheitsbereich I umfasste zum Beispiel Münsterberger Straße, Löbbenstraße, Selbitzer Straße, Bergwitzer Straße, Leiner Straße, Birnbaumweg, Querweg, Kreisstraße und Luisium (insgesamt 160 Objekte),
der Sicherheitsbereich V Dessauer Straße von der Rehsener Straße bis zur Goltewitzer Straße, Landstraße, Coswiger Straße von Landstraße bis Goltewitzer Straße sowie Goltewitzer Straße (insgesamt 125 Objekte).

Am 5. Juli 1971 geriet der Betriebsteil Grießmühle der Jonitzer Mühle in Brand. An der Bekämpfung dieses Großfeuers, dessen Flammen und Rauchwolken weithin zu sehen waren und zahlreiche Schaulustige anzogen, waren neben der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee und der Dessauer Berufsfeuerwehr zahlreiche weitere Freiwillige und Betriebsfeuerwehren beteiligt. Die Brandbekämpfung bzw. die Eindämmung von Glutnestern dauerte mehrere Tage. Vier Feuerwehrmänner wurden bei diesem Einsatz verletzt.


Einzug in das erweiterte Gerätehaus


FFW Waldersee zum 70ten Jubiläum 1977


FFW Waldersee zum 90ten Jubiläum 1997


TLF 16 Tanker Typ IFA W50

Die Freiwillige Feuerwehr Waldersee kam auch nach diesem Ereignis bei einer Vielzahl von Klein- und Großbränden sowie Schadensereignissen zum Einsatz:

1974 Brand im VEB (K) Holzverarbeitung, Rehsumpfstraße (Waldersee)
1975 Großbrand in der Dessauer Papierfabrik
1976 Explosion mit Brandfolge in der Magnetbandfabrik
1977 Brand im Altstoffhandel Wallwitzhafen
1986 Großbrand in der Verpackungsmittelfertigung des ZAB
1993 3 Brandeinsätze; Recyclinglager, Lagerhalle, Strohlagen
1994 3 Tage Hochwassereinsatz in Staßfurt
1995 Dachstuhlbrand im Klubhaus Mildensee
1996 Dachstuhlbrand Turmstraße
1997 2 Einsätze; Sturmschäden, Dachstuhlbrand Kreisstraße
1998 4 Brandeinsätze, u.a. Barackenbrand Junkalor
1999 2 Brandeinsätze, 1 Hochwassereinsatz Sandsackverbau
2000 4 Einsätze, u.a. Holz-Fahrtmann sowie 11 Tage Hochwasser
2001 2 Brandeinsätze, u.a. Diskothek „Big“
2002 3 Einsätze, u.a. vorzeitiger Brand des Osterfeuers
2003 8 Brandeinsätze, darunter mehrere kleinere Waldbrände
2004 15 Einsätze, u.a. erster Einsatz für unser Boot auf der Elbe
2005 11 Einsätze, u.a. Junkalor
2006 15 Einsätze, u.a. WSD (ehemaliges Elmo Gelände).

Im Jahr 1984 existierten im sogenannten „Wirkungsbereich Dessau“ neben der Walderseer Wehr noch acht weitere Freiwillige Feuerwehren. Der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee gehörten im März 1985 39 Kameraden an.
1986 wurde die in Eigeninitiative der Wehr vorgenommene Rekonstruktion und Erweiterung des Gerätehauses (erbaut 1938 als Garage bzw. Lagergebäude für das Walderseer Rathaus) in der Schönitzer Straße abgeschlossen. Sie erfolgte nach einem von Erich Wolfram erarbeiteten Projekt.

Seit dieser Zeit stehen den Kameraden zwei moderne Fahrzeuggaragen, ein Schulungsraum sowie zweckmäßige Sanitäranlagen zur Ausübung ihres Dienstes zur Verfügung. Zuvor hatten die Dienstversammlungen, Ausbildungs- und Schulungsveranstaltungen ab 1954 in verschiedenen Gaststätten („Zur Einheit“, Weihmanns Gaststätte“, Speiseraum der Holzverarbeitung Treffkorn) bzw. im 1959 neu geschaffenen Schulungsraum der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee stattgefunden.
Zu den Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee gehörte und gehört nicht nur die Brandbekämpfung, sondern auch der vorbeugende Brandschutz. In den Jahren 1987/88 wurden im Zuständigkeitsbereich der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee zum Beispiel 376 Wohnstätten und Einrichtungen des Bildungswesens, von Handel, Gewerbe und Industrie überprüft. Kleinere Mängel ließen die Kameraden der Wehr dabei sofort abstellen. Darüber hinaus erfolgten rund 80 Maßnahmen zum Schutz des Waldes und der Gewährleistung einer sicheren Ernteeinbringung.

1994 wurde der Wehr die von der Berufsfeuerwehr Dessau ausgesonderte Drehleiter DL30 Typ IFA W50 übergeben.1997 löste ein TLF16 vom Typ W50 das in der Wehr vorhandene LF8 vom Typ LO-2000 ab, wurde aber bereits 1999 durch ein TSF (VW – LT) ersetzt.

Im Mai 1997 wurde unter der Wehr-Leitung von Dieter Graßmann das 90-jährige Jubiläum der FFW auf dem Festplatz vor dem Walderseer Rathaus begangen.

Ebenfalls 1997 kam es zur Gründung der Jugendfeuerwehr Dessau-Waldersee. Zudem wurde 1999 Reik Schildhauer mit 21 Jahren zum neuen Wehrleiter, Uwe Schmidt als Stellvertreter und Marc Müller als Schriftführer gewählt.
Im Jahr 2000 übernahm Anja Lang die Ausbildung der Jugendfeuerwehr Waldersee, die zurzeit aus 13 Mitgliedern besteht, 4 Mädchen und 9 Jungen.

Am 21. August 2002 wurde der Förderverein Freiwillige Feuerwehr Waldersee e.V. gegründet. 2002 wurde die DL30 außer Dienst genommen, da das Fahrzeug nicht mehr durch den TÜV kam.

Am 14. März 2003 wurde, das durch den „Förderverein Freiwillige Feuerwehr Waldersee e. V.“ aus Spendenmitteln der Hochwasserkatastrophe 2002 finanzierte, LF16/20 Mercedes Benz in Dienst gestellt.
Das bis zu diesem Zeitpunkt vorhandene TSF wurde der Freiwilligen Feuerwehr Sollnitz übergeben.
Anfang 2004 wurde der Wehr vom „Förderverein Freiwillige Feuerwehr Waldersee e. V.“ ein Feuerwehrrettungsboot sowie ein LF8/10 Iveco übergeben und in Dienst gestellt.

Im Juni 2004 übergab die PDS-Stadtratsfraktion der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee und dem Ortsbürgermeister einen Löschwasserbrunnen, der sich unmittelbar vor dem Spritzenhaus am Walderseer Rathaus befindet. Damit war ein seit langem bestehendes Problem beseitigt.
Mit dieser Ausrüstung und Technik erhielt die Freiwillige Feuerwehr Waldersee eine anspruchsvolle Grundlage für die Ausbildung und Gewährleistung der Einsatzbereitschaft, auch in Hochwassersituationen, zur Verfügung gestellt.
Der Schutz vor dem Hochwasser ist für den von Überschwemmungsgebieten der Elbe und Mulde umgebenen Stadtteil Waldersee ein ganz besonderes Thema und erfordert immer wieder den Einsatz der Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr.

LF16/20 Mercedes Benz Aufbau: Rosenbauer
LF16/20 Mercedes Benz Aufbau: Rosenbauer


Feuerwehrrettungsboot

Viele Walderseer können sich noch an das bedrohliche Hochwasser von 1974 erinnern. Die Freiwillige Feuerwehr befand sich damals in einem 14-tägigen Dauereinsatz, um Direkt- und Folgeschäden zu begegnen. So wurden ununterbrochen Wasser aus Kellern und Flächen in Waldersee abgepumpt.
In der Region Staßfurt war eine Gruppe der Wehr 1994 drei Tage im Einsatz, um die Bevölkerung von eingedrungenem Hochwasser zu befreien.

Aufgrund dieser Einsatzerfahrung bei der Bekämpfung von Hochwasser und Unwettergefahren hat die Freiwillige Feuerwehr Waldersee im Jahre 1996/97 in Eigenleistung für den Einsatz vorrangig im Ortsteil Waldersee eine spezielle Einsatztechnik geschaffen. Von Spendenmitteln vieler Gewerbetreibender und Unternehmen des Ortes wurde ein Feuerwehranhänger mit einem leistungsstarkem Stromaggregat, mehreren Tauchpumpen, Kettensäge, Trennschleifer und Scheinwerfern in den Dienst gestellt.
Unvergessen bleiben wird der Hochwassereinsatz der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee gemeinsam mit allen Feuerwehren der Stadt Dessau sowie Tausenden freiwilligen Helfern anderer Hilfsorganisationen, der Bundeswehr, aus der Stadt Dessau und aus ganz Deutschland vom 13. Aug. bis zum 1. Sept. 2002.

Auch in anderer Hinsicht zeigt die Freiwillige Feuerwehr Waldersee ehrenhafte Präsenz in ihrem Heimatort, denn durch sie wurden wichtige Baumaßnahmen realisiert. Nach dem Hochwasser 1974 wurde zum Beispiel zur Abführung des Stauwassers der „Schlangengraben“ von der Gohrauer bis zur Kreisstraße meliorationsfähig ausgebaut.

Kameraden der Wehr beteiligten sich beim Bau der Fernwärmeleitung vom Kraftwerk Vockerode nach Dessau (1968/69) und beim Bau der Lehrschwimmhalle der Polytechnischen Oberschule Waldersee (eingeweiht 1973). Von 1976 bis 1986 übernahm die Freiwillige Feuerwehr die Leitung der Feierabendbrigade der „Interessengemeinschaft Wasserleitung“, und schuf damit die Grundlagen für das Trinkwassernetz für die Einwohner des Ortsteiles Waldersee. In diesem Zeitraum wurden ca. 17km Hauptleitung, 9km Nebenleitung sowie 900 Hausanschlüsse verlegt.
In den letzten 10 Jahren ist die Freiwillige Feuerwehr Waldersee zu einer starken Gemeinschaft herangewachsen, auf die wir mit ruhigem Gewissen stolz sein dürfen.
Die Wehr setzt sich gegenwärtig personell zusammen aus: 26 aktiven Mitgliedern, 10 Ehrenmitgliedern und 13 Mitgliedern der Jugendfeuerwehr.

Die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee stellen sich mit ganzer Kraft den Forderungen des Brandschutzgesetzes und treten im Dienst für alle Einwohner von Waldersee für den Schutz des Lebens und die Erhaltung von Sachwerten vor Brandgefahren, Havarien und Unglücksfällen aller Art ein. <<

Die Wehrleiter der Freiwilligen Feuerwehr Jonitz bzw. Waldersee seit 1907:

Name von bis
Reinhold Joel 1907 1909
Friedrich Meißner 1909 1911
Gustav Pannicke 1911 1915
Paul Liebezeit 1916 1936
Franz Lieder 1936 1945
Friedrich Schmidt 1946 1951
Willy Schneider 1954 1962
Werner Grundey 1962 1993
Dieter Graßmann 1993 1999
Reik Schildhauer 1999